Freitag, 21. März 2014

Heimweh und Heimat

Vor allem an Anfang unserer Zeit in Irland 
wurde ich oefter gefragt ob ich oft Heimweh habe.
Meine Antwort war schon immer,
dass ich zwar meine Familie und Freunde oft vermisse,
aber weder meinen Geburtsort oder das Sauerland, 
noch Koeln, wo ich spaeter gewohnt habe,
noch Deutschland im allgemeinen. 

Und das stimmte auch. 

Ich hatte hier in Irland am Anfang ein sehr spannendes Leben.
Ich war viel zu abgelenkt und beschaeftigt,
um mich in tiefe Heimwehkrisen zu stuerzen.

Es waren wenige Dinge, die mir fehlten.
Die Jahreshighlights wie
Karneval und Schuetzenfest, zum Beispiel.
Mal eben Mama um Rat fragen.
Das Feierabendbier, die Partynaechte bis morgens um vier.
Mit den Geschwistern Bloedsinn erzaehlen.
Meine Kollegen und mein Freundeskreis.
Ploetzlich drehte sich alles nur noch um mich und Gerd 
und unser neues Leben auf dem Land.
Im Ausland. 
Das war auch sehr anstrengend 
und hat mich oft an meine Grenzen gebracht.
Aber, die fremde Sprache, fremde Menschen,
fahren auf der linken Seite, Jobsuche auf englisch,
dann arbeiten auf englisch...
da war kein Platz fuer Heimweh.

Heute, nach ueber 7 Jahren auf de Gruenen Insel 
spielt sich mein ganzes Leben einfach HIER ab.
In Irland, in unserem Haus,
mit meinem Mann, meinem Kind, unseren Tieren.
Am Ende unserer Urlaube in Deutschland
freue ich mich inzwischen immer darauf,
wieder nach Irland zurueck zu fliegen.
Hier ist jetzt Zuhause.


Trotzdem gab und gibt immer mal Momente, 
wo ich wehmuetig an Deutschland denke. 

Damals war das dann, wenn ich in einem muffigen, 
schmuddeligen, vorsintflutlich anmutenden Hausarztwartezimmer sass.
Zum Beispiel.
Um am Ende der Behandlung trotz Krankenversicherung 
50 Euro aus eigener Tasche zu bezahlen.

Oder, wenn wir durch duenn besiedelte Landstriche gefahren sind
und am Strassenrand immer wieder wild entsorger Hausmuell,
Autoreifen, Kuelschraenke oder Sperrmuell vor sich hingammelten.

Dass fast alles viel teurer ist als in Deutschland,
dass die Handwerker oft sehr unkonventionelle Methoden anwenden,
wenn sie denn ueberhaupt zum vereinbarten Termin auftauchen,
dass Abfallrecycling hier viele nicht interessiert,
dass ueberall Hunde unbeaufsichtigt herumstreunen,
dass nicht immer besonders viel Wert gelegt wird
auf Sauberkeit, Ordnung, Puenktlichkeit...
solche Dinge haben mich am Anfang sehr genervt.

Und die Lebensmittelauswahl ist hier auch etwas anders 
als wir es aus Deutschland gewohnt waren.

Heute habe ich mich an solche Dinge gewoehnt. 

Wir haben ueber die Jahre neue Freunde gefunden. 
Nicht so viele, aber dafuer ein paar wirklich gute.
Und wir koennen es auch geniessen, uns zurueck zu lehnen
und Zeit zu dritt zu verbringen, 
waehrend die einheimischen Bekannten
von Familientermin zu Familientermin hetzen,
auf unzaehligen Hochzeiten tanzen
und aus Anstand so viele Beerdigungen wie moeglich
 in ihre Terminkalender quetschen.

Solchen Stress haben wir natuerlich nicht.
Alleine darum ist unser Leben sehr ruhig.
NICHT langweilig.
Aber ruhig und entspannt.

Also immernoch: Kein Grund fuer Heimweh!

Und dann kommt so ein Abend wie heute. 
Der Lieblingsehemann und das Kind machen Bloedsinn.
Und tanzen.
Aus tanzen wird marschieren.
Und es wird Marschmusik aufgelegt. 
Und da wabert ploetzlich 
ein kleines bisschen Heimwehgefuehl
durch meine Magengrube.
Ich denke darueber nach, WANN wir wohl ENDLICH mal wieder
an einem Schuetzenfest teilnehmen werden.
Bevorzugt an einem Schuetzenfest in der Heimat meiner Oma.
Ein richtiges Dorfschuetzenfest.
Mit richtiger Bumms- und Blasmusik
und ausgelassener Stimmung "auf der Halle".

Und auf diese Frage gibt es keine richtige Antwort. 
Aber es wird wohl noch Jahre dauern.
Die Kinder sind noch lange zu klein.
Babysitter gibts keine vor Ort,
die feiern dann selber und das ist auch gut so.
Fuer ein Au-Pair fehlt das noetige Kleingeld.
Und so weiter.

Ich schlucke schnell 
den eigentlich winzig kleinen Kloss im Hals runter. 
Summe die Marschmusik mit. 
Und denke:
"Die 15 Jahre kriegen wir auch noch rum! 
ABER DANN!!! 
DANN bitte mit Eierbacken!!!" 

Und jetzt hier zum Reinhoeren,
damit ihr wisst, 
was manchmal heute reicht,
damit ich Heimwehaehnliche Gefuehle habe.

Der Helenenmarsch!

Habt noch einen schoenen Freitagabend!

Lena








1 Kommentar:

  1. Huhu Lena,
    das kann ich verstehen, manchmal kommt es durch, das Heimweh !
    Wir sind oft umgezogen, aber nie soooo weit weg, da hatte ich das aber auch manchmal.....gerade wenn man alte Lieder (oder Marschmusik ;-) hört, ist es dann da, dieses flaue Gefühl...wird wohl immer bleiben. Aber es ist ok, wenn wir an unsere Wurzeln denken. Hauptsache man ist glücklich, da wo man jetzt ist ! Und Ihr lebt so schön ! Liebe Grüße, Deine Birgit

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